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Denn Dein ist das Reich und die Kraft, ist Herrlichkeit/Fraulichkeit in Ewigkeit. Amen.
Kurt Marti
Ohne Befehle geht es nicht – und wäre es nach der unmerklichen Art, wie Regen den Wurzeln, Sonne den Blättern, die Blüte ihrem Apfel befiehlt.
In der Marktwirtschaft gelten Schriftsteller, so sie überhaupt etwas gelten, als Gewerbetreibende. Nur logisch, daß behördliche Betriebszählungen sie in die Statistik gewerblicher Betriebe einbeziehen wollen.
Wie geht's Ihnen denn? Durchlöchert vom Leben, Durchzug bereits. Wie meinen Sie das? Nun ja, noch benimmt der Zerfall sich höflich und diskret.
Das Gerede von "Leistungsträgern" beleidigt die Möbelträger, die Briefträger, die Gepäckträger.
Wie der Mensch ist auch Gott zur Ware geworden: Religion ist die Branche, die sie umsetzt.
Wunder "Zart und genau" meint ferner: die Wiederentdeckung des täglichen Wunders, das Außerordentliche des Selbstverständlichen, die Heiligung des Banalen, die Verwandlung des homo faber in den homo admirans.
Modus Als wäre das Leben ein Kino, wo jeder sein eigener Notausgang ist.
Gebetchen Herr, mach, daß ich nicht mißmutig werde, wenn ich beim Jassen verliere.
Statistik: Arme werden schneller krank, langsamer gesund und sterben früher als Begüterte.
Der Heilige Geist ist keine Zimmerlinde, vielmehr vergleicht die Schrift ihn mit dem Winde.
Nach meinen Beobachtungen fürchten und verdrängen Männer den Tod mehr als Frauen. Deshalb auch eignen sie sich besser zum Dienst in der Armee, diesem Männerbund, der den allgemeinen Ernstfall vorbereitet und den persönlichen verdrängen hilft.
Von Redlichen redet man nicht. Erst wenn's uns mies geht, suchen wir Hilfe bei ihnen.
Manchmal ist's Verstorbenen anzusehen, daß selbst der Tod ein lachendes Gesicht haben kann.
Die Sonne lacht, der Himmel weint – als ob's nicht auch einen lachenden Regen gäbe und nie eine trauernde Sonne.
Lebensziel Die schlechtesten Aphorismen sind es nicht, die davon träumen, auf Kalenderzetteln zu enden.
Sinnlicher Akt Immerzu tut man dergleichen, als lese ein Mensch direkt mit seinem Geist. Irrtum: Wir lesen mit den Augen, mit Sinnesorganen. Lesen ist zunächst ein sinnlicher Akt: Einer der seltenen Prosaautoren, die das begriffen haben, ist Arno Schmidt.
Nachts hört er, schlaflos liegend, das Ticken in seinem Körper: die Zeitbombe Zeit.
Relation Im Verhältnis zu den Religionen muß Gott etwa sein, was das Meer zu Wellen, die wir an einen Hafendamm schlagen sehen.
Wäre der Mensch Gottes Abbild, müßten die Tiere Atheisten sein.
Auch durch die lange Nacht hindurch hat mein Körper mich unaufgefordert und erfolgreich gegen die Angriffe von Bakterien und Mikroben, gegen Zerfall und Fäulnis verteidigt. Was verspricht er sich von mir?
Mir ist kein Glaubensbekenntnis einer christlichen Konfession bekannt, dessen Haupt und Zentralsatz lautet: Gott ist Liebe (Johannes 4.8.16). Dementsprechend sieht die Kirchen– und Konfessionsgeschichte auch aus.
Geschlagen, gestreichelt vom Bewußtsein meiner Nichtswürdigkeit, tarne ich mich mit dem Habitus, dem "Anzug" eines Stoikers, den ich überhaupt nicht mag.
Wehe, wenn alle Menschen gut von euch reden! (Lukas 6.26) Doch gibt es auch selbstaufgesetzte Märtyrerkronen, aus Talmi und Papiermaché, Karnevalsmützen zum Verwechseln ähnlich. Gelassenheit also!
Ich könnte mir einen Dokumentarfilm denken, dessen Thema seinen Titel ergibt: "Sachzwang frißt Menschenfleisch".
Fragen bleiben jung. Antworten altern rasch.
Ein armer teufel, so sagen wir – von reichen teufeln ist niemals die rede
Automobilmachung Fast alle haben Autos und werden, wenn es so weit ist, fliehen wollen mit ihnen. Ich, ein Autoloser, sitze bereits in der Falle, in die sie dann erst noch fahren müssen.
Für Eskimos, las ich, sei Luna "die Frau, die keinen Mann nehmen will" – eine Art Radikalfeministin.
An manchen Tagen fressen die kleinen die großen Fragen auf. An anderen Tagen verschlingen die großen Fragen die kleinen. Doch hinterher stellt sich nicht selten heraus, daß die kleinen große, die großen kleine Fragen waren.
Welche wohltat einmal auch sagen zu dürfen: nein, er war nicht tüchtig und wechselte oft die stelle
Ein Grab greift tiefer als die Gräber gruben, denn ungeheuer ist der Vorsprung Tod. Am tiefsten greift das Grab, das selbst den Tod begrub, denn ungeheuer ist der Vorsprung Leben.
Rotten wir die Fauna vielleicht deswegen aus, damit sie sich nie wird erdreisten können, die menschliche Spezies zu überleben und deren Selbstvernichtung als Befreiung zu feiern?
Erwachen gleicht einer Geburt. Weckergerassel löst sie vorzeitig aus.
Alltag, gefährlichste Droge, von keinem Betäubungsmittelgesetz verboten
Herzlichkeit: Das Fest, das einzige, das zählt.
Nicht Ägypten ist Fluchtpunkt der Flucht. Das Kind wird gerettet für härtere Tage. Fluchtpunkt der Flucht ist das Kreuz.
Obschon er aufgehört hatte, Herr der Lage zu sein, blieb eine Katastrophe aus, weil sie sich mit ruhiger Umsicht als Frau der Lage bewährte.
Mit Geld verhält sich's ähnlich wie mit Gott: Noch ehe wir lernen, mit ihm umzugehen, geht es mit uns um.
Aber es kommt eine Auferstehung, die ganz anders wird als wir dachten. Aber es kommt eine Auferstehung, die ist der Aufstand Gottes gegen die Herren.
Oft hat man Grund zu sagen: Der Teufel ist los. Nie heißt es: Gott ist los. Halten ihn die Kirchen so sicher unter Verschluß?
Überall nimmt alles überhand. Je zerstörter unsere Sinne, desto sinnloser wird zerstört. Weder essen noch trinken noch Liebe machen bleibt heute, falls einem am Weiterleben gelegen ist, ohne Vorsichtsmaßnahmen möglich.
Schriftstellertreffen: Hier unter Kollegen darf jeder Autor sich ungezwungen bewegen: keiner hat die Bücher des andern gelesen.
Nichts zu machen: man muß sich durchsetzen können, von Geburt an. Die Geburt selbst ist ein Akt der Durchsetzung, der erste und der erfolgreichste von vielen.
Nein, vom Tod wissen wir nichts. Seriös bleibt allein die Tautologie: Der Tod ist der Tod ist der Tod.
Man muß hoffen, höre ich sagen: Ein Tonband, das man endlos abspielen läßt, um unsere Unfähigkeit zur Lebens und Verhaltensumkehr munter zu übertönen (im Auto womöglich).
Auch ich kann nicht beten. Ich glaube, man sieht uns allen an, daß wir nicht beten können. Man sieht es auch denen an, die weiterhin beten oder zu beten meinen. Dennoch kann ich mir die Sprache einer besseren Zukunft nicht vorstellen ohne etwas wie Gebete.
Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge, um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.
Zweierlei Ellen Falls Arbeiter streiken, weil sie höhere Löhne fordern, gilt dies bald schon als ökonomische Sabotage. Streikt hingegen das Kapital, weil es höhere Profite will, so ist dies ein ökonomischer Sachzwang.
Extra caritatem nulla salus – "Außerhalb der Kirche kein Heil." Neutestamentlich müßte der Satz lauten: "Außer der Liebe kein Heil."